von und mit Rose Mayer Karin Seitz Alfred Unger Hans-Peter Ambacher 2011/2012
Einführung
Der Stammtisch Heimatkunde Roßwälden hat sich zum Ziel gesetzt, die Rosswälder Vergangenheit in möglichst vielen Einzelheiten zu erkunden und zu dokumentieren.
Dazu ist es notwendig, die einzelnen Themenbereiche mit Fakten zu belegen und so heißt es bei den Recherchen gezielte Fragen stellen, um Erinnerungen zu wecken und hartnäckig „bohren“, wenn die Erinnerungen versiegen wollen. Oft ist es ein Wettlauf mit der Zeit, wenn ältere Zeitzeugen befragt werden. Außerdem sind viele Gänge zu Behörden, Museen und zu Firmen notwendig, um private Erinnerungen zu belegen.
Im vorliegenden Fall des Polizei- und Amtsdieners Ulrich Bauer waren Aussagen zu seiner Dienstzeit und manch nette Anekdote über sein Wirken die Auslöser, um hier genaueres zu erkunden.
Er hat z.B. bei jeder passenden Gelegenheit betont, dass er in vier „Reichen“ und unter sieben „Herren“ gedient hat. Zunächst gab es nur die Aussage von den älteren Bewohnern im Ort, dass „Ulrich“ diesen Spruch immer bereit hatte, aber niemand konnte sich an die genauen Zahlen erinnern.
So haben wir die Spur aufgenommen und sind fündig geworden. Die nachfolgende Übersicht zeigt die dramatischen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen, denen sich Ulrich Bauer als Polizei– und Amtsdiener stellen musste, damit er seinen Dienst stets „korrekt“ ausüben konnte.
So ist es aber auch logisch, dass er diesen Dienst unter immer „anderen“ Vorzeichen mit einer großen Portion Humor bewältigt hat, die in der Erinnerung bis heute erhalten ist.
Wir durften sein Original Dienstbuch, das als Leihgabe von der Familie Otto Hermann aus Roßwälden im Polizeimuseum in Göppingen zu sehen ist, ganz abfotografieren.
Damit ist ein Stück Geschichte von Roßwälden wieder in den Ort zurückgekehrt.
Wir bedanken uns beim Polizeimuseum, Göppingen unter der Führung von Herrn Luipold, bei Frau Rose Mayer, die bei der Transkription die Texte des Dienstbuches vorgelesen hat und bei Frau Karin Seitz und Herrn Alfred Unger, die vorbereitende Arbeiten dazu beigetragen haben.
Im September 2012 Hans-Peter Ambacher
Diese Skulptur führt den Betrachter unweigerlich in die „Gute alte Zeit“ zurück, in der noch „Respekt“ und „Ordnung“ herrschte.
Das „Erwischt“ werden ist dem kleinen „Apfeldieb“ höchst unangenehm, weil er je nach Strenge des Landjägers und des Elternhauses mit harten Strafen rechnen musste.
Die reichten vom drohenden „Schimpfen“ bis hin zu „Schlägen“ mit dem Stock auf das Hinterteil und trotzdem will er seine Beute behalten und versucht sie zu retten.
Das Dienstbuch führt solche oder ähnliche „Vergehen“ akribisch auf.
Damals war dies alles noch eine „Straftat“ und zugleich eine Schande, wenn man erwischt wurde. Hier im Buch hat man jedoch manchmal den Eindruck, das das „Erwischt“ werden von den jungen Burschen geradezu provoziert wurde, um den Ulrich zu ärgern.
Heute bringt es uns zum Schmunzeln, da sich unsere Werteskala im Gegensatz zu jener Zeit gewaltig verschoben hat. Doch „Nachtruhestörung“ ist auch heute noch ein strafbares „Delikt“
Nachfolgend eine Seite des Original – Dienstbuches aus der Dienstzeit von Ulrich Bauer.
Die komplette Dokumentation kann beim Stammtisch Heimatkunde Roßwälden eingesehen werden.
Das Bild von Ulrich Bauer stammt aus der Dokumentation „Landkreis Göppingen Chronik 2007-2008″, in der das Kreisarchiv über die Polizeigeschichte berichtet.
Im Ortsnamen Roßwälden steckt bereits die Vermutung, daß man hier schon von Alters her mit Pferdehaltung zu tun hatte. Im „Rosswälder Stab“ (siehe im Quellennachweis unter (1)) heißt es auf Seite 9, daß es bereits 1521 in der Gemeinde 26 Pferde gab, die für Kriegszwecke zur Verfügung standen, es eine kleine Pferdezucht gab und die Pferdeweide am Rossrain war.
(Der Rossrain ist das Flurstück zwischen dem „Köhler“-Waldstück an der heutigen Wellinger Strasse und dem Waldstück Steinbis. Er umfasste also das Gebiet rechts und links der heutigen Rossrainstrasse, vorbei an den Tennisplätzen, weiter zu den Linden und bis zum Wasserspeicher im Waldstück Steinbis).
Wo Pferde eingesetzt werden, geht es auch immer um deren Hufpflege und dementsprechend lassen sich auch Schmiedewerkstätten im Ort nachweisen (siehe Übersicht Seite 10). Im Güter- und Steuerbuch der Gemeinde ist bereits 1743 der Schmied Friedrich Kirchner eingetragen und in der oben zitierten Quelle wird auf Seite 72 notiert, daß es bereits 1759 einen „im Feuer arbeitenden Handwerksmann“, den Hufschmied Abraham Widmann gab. Für beide war die Schmiedewerkstatt zwischen dem Rathaus und der „Gemeine Gass“ (heute Dorfstrasse), die dort vermutlich bis 1788, dem Todesjahr von Abraham Widmann, betrieben wurde. Nach ihm hatte Melchior Eberle eine Schmiede in der heutigen Steinbisstrasse. Sein Amboß ist noch heute im Haus Eberle (Wellinger Strasse) auf einem Holzsockel vorhanden.
Dieser Amboß trägt auf seiner Seitenfläche (linkes Bild, unter der Zange) folgende Initialen:
18 S.W. 04 → ( Schmiede Werkstatt)
1809, so lässt sich im Stadtarchiv nachlesen, kaufte sein Sohn Tobias Eberle das elterliche Haus. Zuvor waren drei seiner Brüder nach Reading, Pennsylvania ausgewandert und hatten dort ebenfalls eine Schmiede gegründet. Tobias Eberle führte seine Schmiede bis vermutlich 1856. 1865 wurde das Gebäude abgerissen.
Von einem weiteren Schmied berichtet Frau Ilse Keyl, (geb. Hochstetter) in ihrer Jahresarbeit (2) auf Seite 59. Dort erwähnt sie, daß bis 1846 der Schmied Christian Frech ein Haus neben dem Rathaus hatte. Nach dessen Kauf und dem Abriß durch die Gemeinde wurde dort – an das Rathaus angelehnt – das ehemalige Schulgebäude mit Lehrerwohnung gebaut (heute genutzt für Gemeindewohnungen). Das Schmiedegebäude blieb stehen und wurde noch 1846 (10) zu dem bis heute genutzten Backhaus umfunktioniert. Christian Frech zog an den Rossrain (damals Haus 98) und hat dort ab1856 als Baumwollweber gearbeitet.
Das Schmiedehandwerk führte der aus Weilheim-Teck stammende Karl-Jakob Bauer weiter, nachdem er 1859 das Bürgerrecht von Roßwälden erworben, die Christina Schöllkopf geheiratet und eine Hälfte des erst 1857 gebauten Bauernhauses seiner Schwiegereltern, im Gairenweg 2, gekauft hatte.(Karl-Jakob Bauer ist der Urgroßvater von Hermann Däuble (*1939) , der den Bauernhof dort noch heute betreibt). Aus den nachstehenden Unterlagen des Oberamts Kirchheim geht hervor, daß K.-J. Bauer die „Alte Schmiede“ 3 Jahre später (1862) geplant und vermutlich im gleichen Jahr auch gebaut hat.
Zeitgeschichtliche Einbindung:
– 1858 beginnt die Erdölgewinnung – USA, Pennsylvania; Russland, Kaukasus.
– Das Automobil wird erst 1886 erfunden.
Foto von Hermann Däuble
In der Schmiede wurden alle Metall behandelnden Arbeiten, die in einem von der Landwirtschaft geprägten Dorf anfallen ausgeführt. Der Beschlag für Pferde und Kühe (sofern sie auch als Zugtiere eingesetzt wurden) war nur der kleinere Teil der Tätigkeit von Carl-Jakob Bauer. Auch zur Herstellung von Ackerwagen, Eggen, „Handwägele“, „Krählespressen“, Hacken, Äxten, Keilen, Gabeln, Spaten, Hopfenlochern, Sensen (genannt „Sägese“) usw. waren seine Fähigkeiten gefragt. Das Nachschleifen sämtlicher Werkzeuge und Ackergeräte besorgte er natürlich auch.
1894 übergab er die Hälfte des Betriebes an seinen Sohn Carl. Dieser gab ihn später – wiederum an seinen Sohn – der, wie der Großvater Carl-Jakob hieß, weiter. (Fotos von diesem siehe unten und auch unter (3)). Gelernt hat er in Kirchheim beim Schmied Schmid (heute Fa. Schraubenschmid). Etwa 1924 übernahm er den elterlichen Betrieb. Zur gleichen Zeit wurde der bis dahin angeschlossene Bauernhof – im Zuge einer Erbteilung – abgetrennt. Während er seine Schmiede in der Tradition seiner Vorfahren weiterführte, wohnte er mit seiner Familie (Frau Helene, geb. Hoyler, den Töchtern Elisabeth u. Margarethe Attinger, sowie dem Sohn Reinhold) in dem Bauerhaus der heutigen Dorfstrasse 38 (das Haus wurde durch einen Brand 1945 zum Großteil vernichtet und wieder aufgebaut) .
Foto von Walter Zwicker
Einige Roßwälder erinnern sich noch: Zur Erntezeit war er vor allem mit dem Dengeln von Sensen beschäftigt, was täglich überwiegend vor und nach dem Mähen geschehen musste. Er war also spät abends und in aller Herrgottsfrühe im ganzen Ort zu hören. Ein besonderer Ohrenschmaus soll es gewesen sein, wenn für die Wagenräder die Eisenreifen geschmiedet und aufgezogen wurden. Um ein gleichmäßiges Schlagen von zwei Helfern zu erzielen schlug der „Chef“ mit dem Hammer den Takt auf dem Amboß. Dabei zielte er so virtuos auf verschiedene Amboßstellen, daß wohlklingende Melodien seine Umgebung beschallten. Die Nachbarn schlossen nicht etwa die Fenster – nein, sie öffneten sie, wenn in der Schmiede schweißtreibend und präzise gearbeitet wurde. Dies, und auch der oft fröhlich singende Schmied, sowie die Faszination von glühendem Eisen waren der Grund, weshalb – Jungen wie Mädchen – oft erst sehr verspätet wieder nach Hause kamen, wenn sie in der Schmiede etwas zu besorgen hatten. Von manchen betagten Roßwäldern erfährt man, daß diese Klänge heute noch wohltuend in ihren Ohren haften. (Für seinen unmittelbaren Nachbarn, den Schneider Friedrich Schmid, waren sie allerdings Ruhestörung – so wird berichtet). Viele seiner Erzeugnisse sind im Ort noch nachweisbar, weil er sie meist mit seinen Initialen (K X B) gekennzeichnet hat. Von besonderem Prestigewert waren die, in Zusammenarbeit mit dem Wagner Gottlob Fischer, gefertigten Kutschen. Für den Reichenbacher Landarzt Dr. Otto Klenk
(* 13.04.1892 † 19.01.1981) war es eine einachsige mit einer aufmontierten 3-sitzigen Gartenbank. Dem Roßwälder Hühnerfarmbesitzer Gottlob Vollmer (* 14.03,1905 † 18.09.1979) baute er ebenfalls eine Einspänner-Einachs-Kutsche, jedoch mit einer Janusbank ( nur eine Rückenlehne mit Sitzflächen nach vorn und nach hinten). Den Kindern fertigte er u.A. Reifen an, die mit einem von ihm entworfenen Treibstab angetrieben wurden und ein besonders gefragtes Spielzeug waren. Die Stabspitze hatte er nämlich so zugeschmiedet, daß die Reifen damit nicht nur angetrieben, sondern auch sicher geführt und sogar gebremst werden konnten – eine Roßwälder Novität. Neben der Arbeit in seiner Schmiedehat er als geschätzter Innungsmeister auch zahlreichen Lehrlingen die Gesellenprüfung abgenommen.
Originalfotos im Besitz seiner Töchter Margarethe Attinger / Elisabeth Bauer ↓
Nachdem K.-J. Bauer gestorben war, wurde die Schmiede ab 1965 verpachtet. Pächter war Georg Wallner, der keinen Hufbeschlag mehr durchführte.
1968 kaufte Kurt Schmid den Betrieb und das Schmiedegebäude. Zusätzlich erwarb er später ein Wohnhaus gegenüber (ehemals Schneider Schmid), das er als Büro und Lager für Kleinteile einrichtete. Für Großteile und mechanische Arbeiten mietete er einen weiteren Lagerraum im Gairenweg Nr.8 an. Kurt Schmid hatte bei Christian Bauer (6) – einem Bruder von Karl Bauer – in Ebersbach gelernt. Durch seine weiteren Tätigkeiten in den Firmen Allgaier in Uhingen, Wörner in Reichenbach und der WLZ in Göppingen, war er zu einem exzellenten Fachmann gereift. Anfangs widmete er sich auch wieder dem Beschlag an Pferden und Kühen und war auch als Klauenpfleger (bis 1990) weithin gefragt. Mit seinen profunden Fachkenntnissen hatte er Freude daran, Unmögliches möglich zu machen.
Weitere Informationen im gedruckten Heft das beim Stammtisch Heimatkunde bezogen werden kann.
Johannes Kepler, geb. am 27. Dez. 1571 in Weil der Stadt, war der Entdecker der Planetengesetze, er war kaiserlicher Mathematiker und er hat zusammen mit Galileo Galilei, Rene` Descartes und anderen Gleichgesinnten, Anfang des 17. Jahrhunderts die neuzeitliche Naturwissenschaft gegründet. Keplers „Astronomia Nova“ und „Harmonice Mundi“, sowie Galileis „Nuova Scienzia“ bildeten das Fundament , auf dem Generationen von Forschern aufbauen konnten. Er machte sich bereits damals Gedanken, wie der Mensch zum Mond gelangen könnte und hat mit seinen Erkenntnissen Grundlagen dafür geschaffen, dass dieser Menschheitstraum im 20 Jahrhundert Wirklichkeit werden konnte. Darüber hinaus verfasste er noch weitere zahlreiche Veröffentlichungen, die das damalige Weltbild wesentlich veränderten und die bis heute weitgehend Gültigkeit haben.
Keplers Verbindung nach Roßwälden besteht darin, dass seine Schwester Margarete Pfarrfrau in Roßwälden war. Sie heiratete am 16. Okt. 1608 in Leonberg den Pfarrer Georg Binder. Dieser wiederum war als Sohn des Roßwälder Pfarrers am 3. Juni 1580 in Roßwälden geboren und auch hier aufgewachsen. Nach dem Tod seines Vaters übernahm er dann die Pfarrstelle in Roßwälden mit seiner Frau Margarete geb. Kepler. Nach seinem Theologiestudium war Binder von 1607-1608 Präceptor in Leonberg und von 1608-1609 in Dornstetten bei Freudenstadt. Von dort kam er auf seine erste Pfarrstelle nach Heumaden. 1609 – 1620 Während dieser Zeit (ca. 1615) wurde seine Schwiegermutter Katharina Kepler in Leonberg der Hexerei beschuldigt und darauf stand damals die Todesstrafe durch Verbrennung. Weil Johannes Kepler zu dieser Zeit als Mathematiker in Linz im Dienste des Kaisers Rudolf II. war, erhoben Pfarrer Binder und Christoph Kepler (der jüngere Bruder von Johannes Kepler und Margarete) im Namen von Katharina Kepler Verleumdungsklage gegen diese Anschuldigungen, denn wer sich gegen die Vorwürfe der Hexerei nicht wehrte, galt als schuldig (Schuldgeständnis). Da auch der Vogt Lutherus Einhorn zu Leonberg gegen Katharina eingestellt war, heizte sich der Streit weiter auf und Katharina wurde am 7. August 1620 im Pfarrhaus zu Heumaden, wo sie sich zu dieser Zeit bei ihrer Tochter aufhielt, am frühen Morgen verhaftet.
Sie wurde zunächst in den Diebsturm zu Leonberg gesperrt und am 11. August 1620 das erste Mal verhört. In einem Schreiben vom 26.8.1620 bat der Sohn Christoph Kepler den Herzog seine verhaftete Mutter von Leonberg an einen anderen Ort bringen zu lassen,“ weil er durch den Prozess hier in Leonberg würde sowohl geschäftlich (er war Zinngießer) als auch in seiner Autorität als Drillmeister der Stadtverteidigung schwer geschädigt.“ Am 29.8.1620 wurde Katharina nach Güglingen bei Lauffen a.N. verlegt und in den Kerker des Güglinger Turms gesperrt. In Güglingen fand dann auch der Prozess gegen sie statt. Katharina Kepler war zu dieser Zeit 72 Jahre alt und beinahe die älteste Person zu Leonberg.
Dem Pfarrer Georg Binder zu Heumaden wurde inzwischen die ganze Geschichte zu heiß. Weil auch die Kirche die Hexenverfolgung befürwortete fürchtete er um seine Stellung. Daher war für ihn der Tod seines Vaters Georg Binder (gleicher Name) am 8.6.1620, Pfarrer in Roßwälden, der willkommene Anlass, sich nach Roßwälden versetzen zu lassen, wo er sich einen größeren Abstand versprach oder erhoffte (Herbst 1620). Ab Herbst 1620 kam Johannes Kepler von Linz für ein Jahr nach Württemberg um seiner Mutter beizustehen und ihre Verteidigung zu betreiben. Sicher besuchte Johannes Kepler während dieser Zeit auch seine Schwester Margarete in Roßwälden. Nach vielen Bemühungen und Schreiben von Johannes und der Standhaftigkeit von Katharina, in der sie stets ihre Unschuld beteuerte, wurde sie am 4. Oktober 1621 freigesprochen und am37.Oktober 1621 aus der Haft entlassen. Eine Woche danach, am 15.Oktober hat der Leonberger Vogt zusammen mit den Richtern, den Herzog gebeten, dieser möge, um größeres Unheil „und gewißlich erfolgenden Totschlag gnädig zu verhüten „,der Keplerin als „hochgravierter Person“ die Rückkehr nach Leonberg verbieten und sie anweisen, “ anderwärts zu wohnen.“ Der Herzog scheint diesem Begehren, nachgekommen zu sein.
Den weiteren Verlauf beschreibt das Leonberger Stadtarchiv in seiner Reihe Beiträge zur Stadtgeschichte wie folgt: „Ziemlich wahrscheinlich hat sie ihre Tochter, die Pfarrfrau Margarete Binder, bei sich im Roßwälder Pfarrhaus aufgenommen. Vielleicht hat Johannes Kepler die Mutter auf seiner Rückreise nach Linz dorthin gebracht. Am 13. April 1622, ein halbes Jahr nach ihrer Freilassung, ist Katharina in ihrem 75. Lebensjahr verstorben. Wahrscheinlich bei ihrer Tochter in Roßwälden, dort wurde sie wohl auch begraben. Die Erinnerungstafel auf dem Leonberger Friedhof beruht wohl auf einem Irrtum.“ (Ende Zitat)
Nach Auskunft des Kirchlichen Landesarchivs gibt es im Totenregister von Leonberg und Heumaden keinen Eintrag mit dem Namen Katharina Kepler. Von einem weiteren evtl. in Frage kommenden Sterbeort ist nichts bekannt. Leider sind die Kirchenbücher von Roßwälden für die Jahre um 1622 nicht mehr vorhanden.
Es wird berichtet dass J. Kepler auch noch nach dem Tod seiner Mutter, in den Jahren 1624/25 nach Roßwälden kam. Es kann vermutet werden, dass er nicht nur seine Schwester sondern auch das Grab seiner Mutter besuchen wollte. Von Keplers letztem bekanntem Aufenthalt im Herzogtum Württemberg wird berichtet, dass er bei seiner Schwester in Roßwälden Station machte um von dort aus im Göppinger Sauerbrunnen Heilung von einem Hautausschlag zu suchen.
Somit ist sicher belegt , dass Johannes Kepler öfters seine Schwester in Roßwälden besucht hat und dass sein Schwager Georg Binder hier geboren und aufgewachsen ist. Fest steht auch, dass Katharina Kepler nicht in Leonberg oder Heumaden gestorben ist und auch sonst kein Sterbeort bekannt ist.
Margarete Binder war ebenso wie ihr Bruder Johannes stets besorgt um ihre Mutter. Von Margarete wird berichtet, dass sie ihre Mutter „mit dreijähriger unverrückter Wohnung“ (von 1617 bis zur Verhaftung 7. August 1620), bei sich in Heumaden aufgenommen hat. Auch während der Gefangenschaft hat sie ihre Mutter besucht und mit ihr „durch die Gefängnistürhindurch gesprochen bis sie der Wächter mit groben Worten argwöhnisch verjagte“. Es kann daher mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass Margarete Binder ihre Mutter nach deren Freispruch und Entlassung am 7. Oktober 1621 auch wieder bei sich im Pfarrhaus in Roßwälden aufgenommen hat, wohin sie mit ihrem Mann im Herbst 1620 gezogen war.
Es gibt also berechtigte Hinweise, dass Katharina Kepler in Roßwälden gelebt hat, gestorben und begraben ist. Festzuhalten ist auch, das Johannes Kepler sehr wohl eine Verbindung zu Roßwälden hatte.
Mit einer Stele und Gedenktafel will der Stammtisch Heimatkunde an diese Verbindung zur Familie Kepler sichtbar erinnern. Sie wurde im Sommer 2011 bei der ev. Kirche in Roßwälden aufgestellt.
Zusammengetragen und aufgeschrieben für den „Stammtisch Heimatkunde“ in Roßwälden von Walter Zwicker im November 2009
Der Stammtisch Heimatkunde Roßwälden hat sich zum Ziel gesetzt, die Roßwälder Vergangenheit in möglichst vielen Einzelheiten zu erkunden und zu dokumentieren. Aus den zum Teil umfangreichen Dokumenten werden hier daraus kurze Ausschnitte präsentiert. Ein Teil der Dokumente ist druckbar aufbereitet und kann beim Stammtisch Heimatkunde erworben werden. Das Bildmaterial wurde nur für die Stammtisch Dokumentation freigegeben, Weiterverwendungen müssen in jedem Einzelfall geklärt bzw. beim Rechtinhaber beantragt werden.