Das bevorstehende Jubiläum „750 Jahre Roßwälden“ im kommenden Jahr wollen wir in den nächsten Monaten auch nutzen, um über historische Einrichtungen, Roßwälder Besonderheiten u.ä. zu informieren. Beginnen wollen wir die lose Serie mit dem……….
Gemeindebackhaus in Roßwälden
Vor 1846 gab es im Ort noch bei fast jedem Hof ein eigenes Back-und Waschhaus. Und das, obwohl es schon lange eine königliche Verordnung gab, die empfahl öffentliche Backhäuser zu errichten. Es ging dabei hauptsächlich darum die Brandgefahr, die von privaten Backhäusern ausgehe, zu verringern, aber auch um Holz zu sparen. Deshalb wurde dann auch im Gemeinderat befürwortet ein Gemeindebackhaus zu bauen. Um diese Zeit wurden in vielen Gemeinden Württembergs Backhäuser in sehr ähnlicher Bauweise gebaut, die zum Teil auch noch erhalten sind.
1846 wird das Backhaus dann zum ersten Mal im Gemeinderatsprotokoll erwähnt. Die Gemeinde kaufte das Anwesen des Christian Frech, ein kleines Wohnhaus mit Schmiede. Dadurch konnte das Schulhaus erweitert und das Backhaus errichtet werden. Außerdem wurde dort auch eine „Suppenanstalt“ eingerichtet. Das Backhaus diente also nicht nur zum Brot backen, sondern es wurde auch für die Armen des Dorfes gekocht und Essen ausgegeben.
Das Backhaus in der Steinbisstraße war immer im Besitz der Gemeinde und wurde von dieser unterhalten. Bis 1916 wurde es an einen Backhausbäcker verpachtet. Dieser musste für das Holz aufkommen und das Feuer machen. Die Frauen brachten den Teig, halfen beim „einlaiben“ und bezahlten für das Backen einen Lohn von 2 Kreuzern, das wären nach heutigen Maßstäben etwa 14 Euro.
Die Laibe sollen bis zu 8 Pfund gewogen haben, um möglichst wenig bezahlen zu müssen. Später war es dann nicht immer ganz einfach einen Bäcker zu finden und es wurden ihm von der Gemeinde Zugeständnisse gemacht, z.B. der Pachtpreis erlassen oder er bekam für den Anfang das Holz gestellt. Manche verkauften auch selbst hergestellte Backwaren, um etwas dazu zu verdienen. Lange Zeit war der Bäcker aus dem Hause Mayer nebenan, weshalb der Hausname „Bachhausbegga“ lange Zeit üblich war. Und später hat ja auch Luise Mayer das Backhaus betrieben, heute fühlt sich Rose Mayer nach wie vor für die Ordnung verantwortlich.
Frau Schloz, die ebenfalls gleich nebenan wohnte, übernahm das Backhaus, nachdem es keinen Backhausbäcker mehr gab. Sie hatte aber nicht mehr das alleinige Recht zu backen, sondern ab dieser Zeit hatten die Frauen selbst die Möglichkeit Feuer zu machen und in eigener Regie zu backen.
In einer Backhausordnung von 1944, die nach einer gründlichen Renovierung des Backhauses erstellt wurde, wird von Selbstbäckern und Nichtselbstbäckern geschrieben. In dieser Backhausordnung ist eigentlich alles festgehalten, was sich in 100 Jahren Backhausbetrieb eingespielt hatte und hier in 13 Punkten ausführlich niedergeschrieben wurde.
Im ersten Absatz heißt es: „Das Gemeindebackhaus steht jedem Einwohner der Gemeinde zum Backen seines Brotes und sonstiger Backware, sowie zum Dörren von Obst, an den Werktagen zur Verfügung. Jeder kann sein Brot als sogenannter Selbstbäcker selbst backen oder auch durch die Backmeisterin als nicht Selbstbäckerin backen lassen.“
Das gilt bis heute, nur haben wir leider keine Backmeisterin mehr und somit müssen wir alle selbst für Holz und Feuer sorgen und die Kunst der richtigen Hitze beherrschen.
Was gilt es zu beachten?
- Vor jedem Backvorgang muss der Ofen neu befeuert werden. Der Ofen wird mit Krähle (für Nichtschwaben: kleine Reisigbündel) und Holzscheiten befüllt und angefeuert. Das Feuer muss ca. drei Stunden brennen, damit die Steine genügend Hitze speichern. Die Temperatur sollte ca. 300 Grad erreichen. Dann wird die Glut und die Asche mit der „Kruck“ (ein Ascheschieber) entfernt und der Boden zuletzt mit dem „Hudelwisch“ (Lappen zum Herunterkühlen des Ofens) gemacht. Dazu braucht man viel Übung, Kraft und Ausdauer.
- Nun kann das Backen beginnen. In der sehr hohen Hitze werden zuerst salzige Kuchen und Weckle gebacken. Dann kommt das Brot dran. In Roßwälden wurde immer eingenetztes Brot gebacken, das heißt der gegangene Teig wird direkt aus der Backschüssel mit der ins Wasser getauchten „Schapf“ in den Ofen eingeschossen und die Brote werden, bevor sie wieder herauskommen, mit Wasser bestrichen, damit sie schön glänzen.
- Eingeschossen wird bei 250 – 300 Grad. Der Ofen fasst, je nach Größe 30 bis 40 Laibe Brot, die gut eine Stunde im Ofen bleiben. Die hohe Hitze und die lange Backzeit gibt die kräftige Kruste und den besonderen Geschmack.
- Danach können noch Rührkuchen, Hefekranz und vieles andere gebacken werden.
Bis in die 60iger Jahre wurden täglich mehrere, meist drei Öfen hintereinander gebacken. Dabei wechselten die Backgruppen nach einem rotierenden System ihre Backzeiten, weil man ja zum ersten Ofen viel mehr Holz brauchte als danach. Es hieß: „ich backe am Dienstag den dritten Ofen“, oder „am Freitag den ersten“. Es verschob sich immer um einen Ofen und dann auch um einen Tag. So konnte jede Frau sich im Voraus ausrechnen wann sie dran kam. Die Oberaufsichtspersonen waren Frau Schloz und später Frau Luise Mayer.
Heute backen noch drei Backgruppen mit etwa 15 Frauen und Männern, die jeweils für mehrere Familien das Brot backen. Das Besondere in unserer Gemeinde ist die Männerbackgruppe, die sich regelmäßig zum Backen mit anschließendem Vesper trifft und sich auch über weitere interessierte Mitbäcker freut.
Natürlich wird auch für Feste und oder auch bei Rokuku regelmäßig gebacken. Zudem backen auch kleinere Gruppen wie die Landfrauen, die Männervespergruppe oder Frauengruppen gerne zusammen. Viele Backaktionen wurden auch schon mit dem Kindergarten und der Schule durchgeführt.
Nach Absprache mit den jeweiligen Backgruppen ist es möglich sich am Backen im Holzbackofen zu beteiligen und die Kunst des Teigmachens und des Feuermachens zu erlernen. Backen im Holzbackofen im Roßwälder Backhaus macht Spass, fördert die Gemeinschaft und ist ein faszinierendes Hobby, mit einem wohlschmeckenden, gesunden und nahrhaften Ergebnis. Es wäre schade, wenn diese Art des Brotbackens in unserem Dorf verloren ginge. Wer Interesse hat, mitzumachen, ist herzlich eingeladen!
Hier noch ein Rezept für einen großen Laib Roßwälder Holzbackofenbrot:
1kg Brotmehl 1050, ¾ l warmes Wasser, 20 g Hefe und 20 g Salz
Alles zu einem nicht zu festen Teig kneten und etwa zwei bis drei Stunden gehen lassen. Dann ins Backhaus bringen und einschießen.
Zusammengetragen und aufgeschrieben 2015,
überarbeitet 2024 von Erdtraut Zwicker